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KLARA GORDON / 1866 -1937 & ROSA BERNSTEIN/ 1865-1944


*Bildquelle: Bertram Rotermund


Klara Gordon wurde am 20. November 1866 in Lyck in Ostpreußen (heute Ełk, Polen) geboren und starb am 20. Dezember 1937 in Hamburg.


Rosa Bernstein wurde am 29. August 1865 in Bollinken bei Stettin (heute Bałdynko, Polen) geboren und wurde am 11. März 1944 in Theresienstadt ermordet, wohin sie am 23. Juni 1943 deportiert worden war.


Beide waren Krankenschwestern des Israelitischen Krankenhauses an der Rendsburger Straße (heute Clemens-Schultz-Straße).


„Stolz und bescheiden, aufrecht und anspruchslos, überlegt und zurückhaltend, streng gegen sich selbst und andere, aber voll Nachsicht und Verständnis für die Schwächen und Fehler ihrer Mitmenschen, trat uns Klara Gordon gegenüber. […] mit ihrer Würde und unermüdlichen Willenskraft leitete sie das innere Leben im Krankenhaus […].“

Fritz Warburg 1937 zur Verabschiedung Klara Gordons in den Ruhestand.


Was bleibt von Klara Gordon und Rosa Bernstein? Beide waren das, was wir heute Pflegedienstleiter:innen nennen. Sie arbeiteten und lebten im Israelitischen Krankenhaus in Hamburg-St. Pauli. Ihr Schwesternwohnheim an der Hein-Hoyer-Straße wurde nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wiederaufgebaut. An beide erinnern zunächst einmal nur ein Straßenname in Hamburg-Allermöhe und ein Stolperstein in der Clemens-Schultz-Straße: die kleine Gordonkehre und die Messingtafel mit den Lebensdaten von Rosa Bernstein.


Die Verabschiedungs-Worte des Vorsitzenden des Israelitischen Krankenhauses, des Bankiers Fritz Warburg, verdienen einen zweiten Blick: Die Gegensatzpaare „stolz und bescheiden“ etc. scheinen die Grenzen des Erlaubten für Frauen in „weiblichen“ Berufen abzustecken. Die Fotos von Klara Gordon zeigen eine sehr schöne, ernste und selbstbewusste Frau in dunkler Schwesterntracht mit weißem Kragen und einer kleinen weißen Haube, die fast wie ein modischer Hut wirkt. Alles an ihr strahlt eine natürliche Autorität aus. Warburg benutzte das Wort „Würde“. Als er Klara Gordon so charakterisierte, waren die Jüd:innen in Deutschland weitgehend ihrer Rechte, ihres Eigentums und in größtem Maße ihrer Würde beraubt.


„Oberin Gordon“ (so ihr Titel) starb im Jahr ihrer Verabschiedung mit 71 Jahren. Ihre Kollegin Rosa Bernstein musste 1939 das Schwesternheim verlassen, die Stadt Hamburg hatte das gesamte Krankenhausgelände beschlagnahmt. Alle Schwestern und die Ärzte, die nur noch als „Krankenbehandler“ galten, mussten in die Johnsallee in eine ehemalige jüdische Privatklinik umziehen. „Schwester Rose“ war da schon im Ruhestand. Sie durfte über ihre Rente nicht mehr verfügen. Nicht nur das Krankenhaus, auch den Besitz der Mitarbeiter:innen zog die Oberfinanzdirektion der Stadt Hamburg ein. Ende 1942 musste die 77-Jährige erneut umziehen. Sie bezog ein „1/2 Zimmer“ in der Schäferkampsallee im „jüdischen Pflege- und Siechenheim“. Nach einem knappen Jahr wurde sie mit 108 weiteren Hamburger:innen deportiert.


Vor 1933 war „das Israelitische“ eines der modernsten und besten Krankenhäuser der Stadt. Mehr als die Hälfte der Patient:innen war nichtjüdisch, ebenso etwa die Hälfte der Pflegekräfte. Was zeichnete das Krankenhaus aus? Wohltätigkeit und Professionalität – und das „Außerhalb-Sein“. Schon früh legten die jüdischen Stiftungs-Krankenhäuser (dieses stiftete Salomon Heine, der es seiner verstorbenen Frau Betty widmete) großen Wert auf ausgebildete „Krankenwärter“. Seit der Gründung des Krankenhauses 1843 wurde hier ausgebildet – damals eine Ausnahme. Gemäß dem jüdischen Gebot der Wohltätigkeit war die Behandlung kostenlos. Und warum stand es hier jenseits des Millerntors? Der Hamburger Wohltäter Heine durfte es nicht innerhalb der Stadtmauern errichten.

Links und Literaturangaben:

Zu Rosa Bernstein:



Zum Krankenhaus:


Harro Jens, Marcus Jahn, Peter Layer (Hg.), Israelitisches Krankenhaus in Hamburg – 175 Jahre, Berlin 2016 (Verlag Hentrich und Hentrich)



"Den Nazis ein Dorn im Auge - Das Israelitische Krankenhaus im Nationalsozialismus", Film von Rudolf Simon und Bertram Rotermund


* Bildquelle: Bertram Rotermund

Ein Stolperstein für Rosa Bernstein in der Simon-von-Utrecht-Straße 4


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